Vorurteile & TRAGEMYTHEN
Wir räumen auf mit Vorurteilen über das Babytragen
„Nach dem Kaiserschnitt darfst Du nicht tragen"
Ein Kaiserschnitt ist in den meisten Fällen ungeplant aber manchmal medizinisch notwendig. Die Geburt, die man sich vielleicht anders gewünscht hätte, konnte nicht stattfinden. Und dann darf das Kind danach nicht mal im Tragetuch oder der Tragehilfe getragen werden? Nein, diese Aussage stimmt so nicht! Es gibt allerdings ein paar wichtige Dinge zu beachten...
Tipps für das Tragen nach einem Kaiserschnitt
Bitte achtet unbedingt auf Euren Körper! Gebt Euch etwas Zeit und nehmt das Wochenbett ernst. Startet nicht 7 Tage nach dem Kaiserschnitt voll durch mit Haushalt, Einkauf und dem Alltag, sondern genießt die Kennenlernzeit mit Eurem Baby.
Da das Kind getragen werden muss, ist es sehr sinnvoll, gerade nach einem Kaiserschnitt schnellstmöglich mit dem körpernahen Tragen des Kindes in Tuch oder Trage zu beginnen, natürlich entsprechend den genannten Kriterien. Das körpernahe Tragen des Kindes in einem gut festgezogenen und angelegten Tuch oder einer Trage ist wesentlich schonender für den Körper und weniger belastend, auch für die Kaiserschnittnarbe, als das "Schleppen" des Kindes auf dem Arm. Eine schwere, unhandliche Babyschale belastet den Körper um ein vielfaches mehr. Nach dem Kaiserschnitt nicht zu tragen, ist daher in den wenigsten Fällen realistisch. Daher ist das Tragen im Tragetuch oder einer Tragehilfe die bessere Wahl.
Wenn Ihr unsicher seid, ob es zu früh ist um mit dem Tragen zu beginnen, haltet Rücksprache mit Eurer Hebamme. Das Gleiche gilt auch bei Schmerzen an der Narbe oder allgemeinem Unwohlsein. Es gibt keine pauschale Aussage darüber, wann nach einem Kaiserschnitt mit dem Tragen begonnen werden kann. Das hängt vom Befinden der Mutter ab und ist sehr individuell. Allerdings ist ein Kaiserschnitt kein Ausschlußkriterium für das Tragen des Kindes im Tragetuch oder der Tragehilfe.
Wenn das Tragen nach dem Kaiserschnitt noch zu anstrengen ist, bitte die Signale des Körpers wahrnehmen, beachten und eine Pause einlegen. Es ist sinnvoll, die Tragedauer langsam und dem Befinden entsprechend zu steigern. Andernfalls ist auch eine schöne Möglichkeit, dass der Papa in der ersten Zeit das Tragen des Kindes übernimmt.
Mit diesen Tipps steht dem Tragen nach einem Kaiserschnitt nichts mehr im Wege.
Happy Babywearing
„Vom Tragen bekommen die Kinder einen krummen Rücken"
Man könnte schon sagen, dass diese Aussage auch ein Klassiker unter den Vorwürfen und Vorurteilen ist. Sicherlich ist der Ein- oder Andere dabei, der das genau so schon mal zu Ohren bekommen hat. Tadaaaaa , natürlich auch vollkommener Quatsch! Der gerundete Rücken des Babys ist physiologisch und der Ist-Zustand nach der Geburt.
Die Wirbelsäule durchläuft 3 aktive Entwicklungsschritte, bis sie letztendlich ihre typische Doppel-S-Form erhält. In verschiedenen Etappen entwickelt das Kind durch das Trainieren verschiedener Körperhaltungen und Körperbewegungen die wichtige Stützmuskulatur, bis es zur jeweiligen Entwicklungsstufe kommt.
Die 3 Entwicklungsschritte der Wirbelsäule
1
Der Erste Entwicklungsschritt betrifft die Halswirbelsäule wird Halslordose genannt und findet zwischen dem 3. und 5. Monat statt . Wenn die Muskulatur ausreichend trainiert und gestärkt ist und das Kind es schafft, den Kopf in Bauchlage im Unterarmstütz selbstständig etwa eine Minute zu halten, ist die erste Aufrichtung vollzogen. Hierbei haben sich die 7 Halswirbel durch Überstreckung nach hinten-oben aufgerichtet.
2
Der Zweite Entwicklungsschritt wird Brustkyphose genannt. Sie tritt zwischen dem 6. und 10. Lebensmonat auf und betrifft die 12 Brustwirbel. Dieser Entwicklungschritt ist mit freiem Sitzen des Kindes erreicht. Bis zu diesem Zeitraum, ist es nicht nur gewünscht, sondern physiologisch, dass das Kind mit leicht gerundetem Rücken in Tuch oder Tragehilfe verweilt Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass die Anhock-Spreiz-Haltung und der gerundete Rücken einander bedingen.
3
Es folgt schließlich die letzte Aufrichtung, etwa um ein Jahr herum und betrifft die 5 Lendenwirbel. Diese Entwicklung ist mit freiem Laufen des Kindes erreicht. Erst dann hat die Wirbelsäule die Form, wie wir sie auch beim Erwachsenen vorfinden, die Doppel-S-Form.
Es ist physiologisch und absolut korrekt, dass das Kind einige Monate mit leicht gerundetem Rücken im Tuch oder der Babytrage verweilt, es bedarf einiger Monaten, bis die Wirbelsäule ihre typische, aufgerichtete Form erlangt.
Ein korrekt gebundenes Tragetuch oder eine gut sitzende Tragehilfe unterstützt die natürliche Haltung. Fast 10 Monate ist die Wirbelsäule des Säuglings im Bauch der Mutter gerundet. Sie muss sich erst langsam strecken (ca. ein bis zwei Jahre), um die S-Form des Erwachsenen zu erhalten. Auch deshalb ist die Spreiz-Anhock-Haltung im Tragetuch wichtig. Eine Untersuchung von Kirkilionis an 192 getragenen Kindern aus Naturvölkern belegt, dass die Häufigkeit von Haltungsauffälligkeiten bei diesen Kindern unter dem durchschnittlichen Prozentsatz liegt.
In den folgenden Schritten erreicht die Wirbelsäule eines Säuglings seine S-Krümmung:
Die Halswirbel strecken sich nach oben bzw. vorne, wenn das Baby sein Köpfchen halten kann.
Die Brustwirbel strecken sich, wenn das Baby von alleine sitzen kann.
Die Lendenwirbel tragen das Baby, wenn es anfängt, sich an Gegenständen hochzuziehen bzw. zu stehen und zu laufen beginnt.
Und bei den Eltern? Nur für Eltern mit vorgeschädigtem Rücken mag dies zutreffen – bitte sprich mit Deinem Arzt oder Krankengymnasten, ob Tragen für Dich in Frage kommt, wenn Du unter (akuten oder chronischen) Rückenproblemen leidest. Für alle anderen gilt: Korrektes Tragen (d.h. korrekt gebundenes Tuch, optimal eingestellte Tragehilfe, Kind nah am Körper und Tragepausen) verursacht keine Haltungsschäden.
„Das Kind bekommt doch gar keine Luft"
Die Aussage, das Kind würde im Tragetuch oder der Babytrage keine Luft bekommen, hört man im Laufe der Tragezeit sicher das ein oder andere Mal und diese Angst ist in der Tat nicht unbegründet. Immer wieder sieht man im Tragealltag in "freier Wildbahn" zu locker gebundene Tragetücher oder Tragehilfen, die zu wenig festgezogen wurden. Die Kinder sind oft nur zu erahnen, da sie dabei häufig in sich zusammensacken und weder Kopf noch Gesicht sichtbar aus der Trage oder dem Tuch herausragen.
Die Kinder sind durch die fehlende Rumpfstabilität noch nicht in der Lage sich selbst aufrecht zu halten. Daher sind sie auf die Stützung durch das Tragetuch oder die Tragehilfe angewiesen. Bekommen sie diesen Halt nicht, werden sie "zu rund". Dabei fällt ihr Kinn auf ihren Oberkörper und im schlimmsten Fall tauchen sie sogar komplett im Tuch ab. Durch dieses Zusammensacken ist es den Kindern nicht mehr möglich so gut zu atmen wie es aufrecht, gut gestützt und mit freien, sichtbaren Atemwegen der Fall ist. Wenn das Tuch über dem Gesicht des Kindes liegt und die Atemwege bedeckt, können sogenannte CO2-Nestern entstehen, die dem Kind gefährlich werden könnten. Eine adäquate Sauerstoffzufuhr ist nicht mehr gegeben.
Hier unsere Tipps für freie und sichtbare Atemwege
Beim Aufnehmen das Kindes bitte immer über die Seite drehen und sanft auf der Schulter ablegen. Das Kind weiterhin mit einer Hand im oberen Rücken stabil halten und abstützen, damit es beim "ins Tuch gleiten" nicht wegkippt oder in sich zusammensacken kann. Wenn der Schwerpunkt sich nur unter dem Popo des Kindes befindet ist, ist die Gefahr groß, dass es abtaucht! Exaktes Handling beim Kind ist ausschlaggebend für das Endergebnis in der Trage oder dem Tuch!
Ausreichendes Festziehen des Tuches oder der Tragehilfe ist elementar, damit diese das Kind ausreichend abstützt und stabilisiert und somit ein Abtauchen im Tuch verhindert wird.
Die Kopfkante beim Tragetuch oder der Tragehilfe sollten dem Kind bis Mitte des Ohren reichen und nicht über den Kopf des Kindes gezogen werden. Die Atemwege des Kindes MÜSSEN immer frei und sichtbar sein und auch bleiben! Tragetücher werden nicht aufgefächert oder über das Kind gespannt. Das Kind darf nicht komplett im Tuch verschwinden!
Eine Kopfstütze wird so verwendet, dass immer nur der Hinterkopf des Kindes abgestützt ist. Sie sollte auch nur bis Mitte des Ohres vom Kind reicht! Auch hier gilt: freie Atemwege! Sie ist nicht dafür gedacht, oben das Kind komplett abzudecken.
Für Tragecover, Tragejacken oder Einsätze gilt das Gleiche: auch hier verschwindet nicht das ganze Kind, sondern die Atemwege müssen frei und unbedeckt bleiben!
Die „Kölner Studie“ über die Sauerstoffaufnahme von Frühgeborenen im Tuch (Untersuchung der Universität zu Köln) besagt, dass die Sauerstoffaufnahme eines Neugeborenen im Tragetuch nur um ca. 1 % geringer ist als ohne Tuch, weil das Baby im Tragetuch viel ruhiger und entspannter atmet. Zur Studie
Mit diesen Tipps steht dem sicheren Tragen nichts mehr im Wege.
Happy Babywearing
„Tragen im Tragetuch ist voll Öko"
ÖKO? - Nein, Tragen ist artgerecht und dabei auch noch absolut zeitgemäß!
Ja, es stimmt, dass das Tragen im Zuge der Studenten und Hippiebewegung wieder mehr ins Bewusttsein der Menschen gerückt ist. Vielleicht ist deswegen das "Öko" bei einigen in den Köpfen hängen geblieben . Aber auch davor wurden schon Milliarden von Kindern getragen und das, weil es eben artgerecht ist!
Kinder sind evolutionär so programmiert, dass sie immer den Schutz der Eltern suchen. Sie sind gewohnt, getragen und in Bewegung zu sein. Ein nicht bewegtes, liegendes Kind hat vor Tausenden Jahren den sicheren Tod bedeutet . Groß war die Gefahr, von wilden Tieren aufgespürt zu werden, daher findet ein Kontaktweinen statt, um die Bezugsperson zu sich zu rufen. Ein absolut normales, artgerechtes Verhalten des Kindes.
Das Baby ist mit all seiner "physiologischen Ausstattung" und seinen Bedürfnissen auf das Getragen-werden ausgelegt. Der Mensch ist bei seiner Geburt völlig hilflos und auf Schutz, Körperkontakt und Nähe angewiesen. Am Körper des Tragenden ausserhalb des Mutterleibes erlebt es seine Umwelt und wird sanft und geborgen in die Welt hinaus getragen. Der Mensch ist nicht als "Liegeling" geboren und ist in den seltensten Fällen glücklich und zufrieden, wenn genau das von ihm verlangt wird.
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Das Baby ist mit all seiner "physiologischen Ausstattung" und seinen Bedürfnissen auf das Getragen-werden ausgelegt. Der Mensch ist bei seiner Geburt völlig hilflos und auf Schutz, Körperkontakt und Nähe angewiesen. Am Körper des Tragenden ausserhalb des Mutterleibes erlebt es seine Umwelt und wird sanft und geborgen in die Welt hinaus getragen. Der Mensch ist nicht als "Liegeling" geboren und ist in den seltensten Fällen glücklich und zufrieden, wenn genau das von ihm verlangt wird.
Der Greifreflex als aktive Beteiligung des Kindes beim Getragen-werden und die Anhock-Spreiz-Haltung als Vorbereitung auf den Hüftsitz sowie der gerundete Rücken, der ein ankuscheln an den Körper ermöglicht, zeigen das getragen werden der Art Mensch entsprechend die korrekte Beförderungsmethode ist und nichts mit öko zu tun hat.
Tragen ist zeitgemäß! Man kann mit seinem Kind im Tragetuch oder der Babytrage wunderbar seinen Hobbies nachgehen und sich auch auf unwegsamen Strecken frei bewegen. So können auch lange Wanderungen, Geocaching oder Besuche von Lost Places weiter wie gewohnt, auch mit dem Nachwuchs gemeinsam umgesetzt werden. Auch bei ausgedehnten Shoppingtouren, die hoffentlich nach Corona wieder so normal sind wie vorher, ist das Tragen der Kinder einfacher, als sich mit einem Kinderwagen durch die schmalen Gänge in Kaufhäusern zu quetschen, oder an Aufzügen warten zu müssen, bis man in eine andere Etage befördert wird.
Mittlerweile ist Tragen sogar "in" und überall sieht man Kinder die getragen werden. Es gehört dazu, wie schlafen und essen, weil es einfach so normal geworden ist. Diese Entwicklung ist wunderbar und genau auf die Bedürfnisse der kleinen Menschenkinder abgestimmt.
„Du verwöhnst Dein Baby total"
Der Geist des Verwöhnens schwebt nun schon seit vielen Generationen über uns und wir schaffen es immer noch nicht, uns davon zu lösen. Auch heute, im Jahr 2021 werden wir noch häufig mit dem Vorwurf des Verwöhnens unseres Babys oder Kleinkindes konfrontiert! Aber WOHER kommt dieser Geist des Verwöhnens eigentlich und warum ist er schon so lange in unseren Köpfen verankert??
BABYS KÖNNEN NICHT VERWÖHNT WERDEN!
"Verwöhnen" ist erst dann möglich, wenn die Kinder ein Ich- Bewusstsein entwickeln. Diese Entwicklungsphase, auch Spiegel-Stadium genannt, bei dem die Kinder sich auch selbst im Spiegel erkennen, entwickelt sich meist im Alter von frühestens 6-18 Monaten. Bis dahin ist es reine Bedürfnisbefriedigung und niemals ein Verwöhnen.
WARUM IST VERWÖHNEN EIGENTLICH NEGATIV?
Wir verwöhnen uns doch alle gerne mal, mit einem schönen Bad, einem tollen Essen, mit leckerer Schokolade oder einem Wellness-Wochenende... Eine sichere Bindung zwischen Eltern und Kind ist eine gute Vorraussetzung dafür, dass bei dem Schritt in die Eigenständigkeit die bestehende Bindung zu den Eltern nicht durchbrochen wird, sondern dass diese weiterhin als "sicherer Hafen" jederzeit wieder angesteuert werden können. So wird liebevoll die Entwicklung des Kindes begleitet und durch emotionale Sicherheit auch die stürmischen Zeiten der Autonomieentwicklung gemeinsam auf Augenhöhe gemeistert. Ein Kind, auf dessen Bedürfnisse immer ausreichend reagiert wurde, geht gestärkt und sicher gebunden ins Leben.
Sicher denken viele bei dem Thema an Johanna Haarer, die meist als Zugpferd der schwarzen Pädagogik genannt wird. Sie war eine Ärztin und Autorin von Erziehungsratgebern, deren Bücher vom dritten Reich bis weit in die 1980er Jahre verlegt wurden. Ihre Bücher mit schrecklichen Erziehungstipps beeinflussten negativ und nachhaltig viele Mütter — sie ist aber nicht der Ursprung, sondern nur ein Multiplikator. Der Grundstein wurde viel früher gelegt, zur Zeit der Industriealisierung im sogenannten Viktorianisches Zeitalter 1837-1901. Die Regeln der Kindererziehung wurde mit der ransanten Entwicklung des Fortschritts immer strenger. Der fundamentale Umschwung der Kindererziehung kam dann letztendlich zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches 1871-1918. Die Erziehungsratgeber wurden noch strenger, der Ton harscher und die "Erziehungstipps" zielten auf eine Distanzierung zwischen Eltern und Kind ab. Hier wurde der Grundstein gelegt für einen "bösen Geist" der sich auch heute immer noch in unseren Köpfen wiederfindet! So schrieb beispielsweise Walther Kaupe 1907: "Wir dürfen nicht den Eigenwillen des Säuglings zu unserem Tyrannen werden lassen, und jede Mutter, die dies aus einer gewissen Affenliebe heraus täte, würde ihrem Kindchen nicht nur, wie besprochen, körperlich schaden, sondern auch vor allem seinem Charakter eine Richtung geben, deren sie später nicht wieder Meister zu werden vermöchte und die dem jungen und selbst erwachsenen Menschen nur Leid, Gegner und Ärger zuführen würde." (Der Säugling - seine Ernährung und seine Pflege, S.109f) Es wird Zeit, sich von diesen alten Geistern zu lösen!
Es ist unsere Aufgabe aus unseren Kindern starke und seelisch gesunde Menschen zu machen, damit sie eine stabile Persönlichkeit entwickeln und sich in der Welt zurechtfinden!
Für tiefere Informationen zum Thema schaut hier vorbei: http://familie-historisch.de/
„Schreien lassen kräftigt die Lunge."
Leider, leider müssen sich Eltern auch heute noch dieser furchtbaren Aussage stellen und sich dafür rechtfertigen, wenn sie ihr Kind eben nicht schreien lassen, sondern sofort reagieren wenn es weint.
Diese Aussage stammt ebenso von Johanna Haarer, wie das das Kind "verzärtelt und verweichtlicht" werde, bei zu viel Mutterliebe .... Auch hier in der Aussage wird die Angst geschürt, das Kind würde verwöhnt werden, wenn man sofort auf das Weinen des Kindes reagiert.
Leider ist auch heute noch der "Geist des Verwöhnens" in vielen Köpfen unserer Eltern und Großeltern stark verankert; ja es wurde Ihnen so anerzogen und das sogar über 2 Generationen hinweg ...
Wie sehen denn hier jetzt eigentlich die Fakten aus?
Erst mal, es ist weder wissenschaftlich, noch medizinisch haltbar, dass schreien tatsächlich die Lungen kräftigt. Es ist schlichtweg Blödsinn! Bereits der erste Schrei nach der Entbindung eines reif geborenen Babys setzt die Lunge frei. Mehr schreien ist dafür nicht notwendig. Soviel zum Physiologischen.
Emotionale Grausamkeit- klingt hart, ist es auch! Nur leider ist es genau DAS, was kontrolliertes Schreienlassen wirklich für das Baby IST. Es wäre selbst nicht übertrieben, von unterlassener Hilfeleistung zu sprechen, da Babys NIEMALS ohne Grund weinen. Ein Weinen eines Säuglings hat immer einen Grund. Babys sind eben keine kleinen Tyrannen, die uns mürbe machen wollen, sondern sie haben nur ein Mittel, sich mitzuteilen- und das ist das Weinen.
Kontrolliertes Schreienlassen ist nur einem Zweck dienlich, nämlich das Urvertrauen des Kindes zu zerstören. Wenn das Kind weint und somit ein Bedürfnis mitteilt und daraufhin auf das Weinen nicht reagiert wird, wird damit auch die Beziehung und die Bindung zum Kind massiv und nachhaltig gestört.
Für das Kind ist das Schreienlassen gleichzusetzen mit körperlichem Schmerz. Durch die Ausschüttung von dem Stresshormon Cortisol steigt das Stresslevel des Kindes an und es wird ängstlicher und immer gestresster. Es kann sich nicht alleine aus dieser Situation befreien, sondern ist auf Hilfe von aussen angewiesen um sich zu regulieren. Wird ihm diese Hilfe verwehrt, hört es zwar irgendwann auf zu schreien, aber aus Erschöpfung und Resignation. Und damit ist ein Stückchen Urvertrauen, Bindung und seelische Gesundheit des Kindes zerstört.
Erfährt ein Baby in der überaus wichtigen frühkindlichen Prägungsphase keine Reaktion auf sein Weinen, also auf das Mitteilen seiner Bedürfnisse, können die Folgen für das weitere Leben des Kindes fatal sein. Bindungsprobleme, Depressionen und Traumata sind nur ein Teil der möglichen Folgen, die auf kontrolliertes Schreienlassen zurück geführt werden können.
Es ist unsere Aufgabe als Eltern, aus unseren Kindern gute, ehrliche und seelisch gesunde Menschen zu machen, damit sie ihr Leben glücklich und zufrieden meistern können.
Ferbern funktioniert- aber der Preis ist eine zerstörte Kinderseele
„Schwanger darfst Du Dein Kind nicht tragen"
Auch im neuen Jahr wollen wir uns weiterhin Aussagen widmen, mit denen die meisten im Laufe der Tragezeit früher oder später konfrontiert werden oder wurden. Heute geht es um die Aussage, dass man sein Kind nicht mehr in einem Tragetuch oder einer Tragehilfe tragen darf, wenn eine erneute Schwangerschaft besteht.
Ihr ahnt sicher schon, dass dies so nicht stimmt: Ihr könnt Euer Kind auch in der Schwangerschaft wie gewohnt weiter tragen.
Meist ist es in der Schwangerschaft des zweiten Kindes sowieso nicht möglich auf das Tragen zu verzichten und das ist normalerweise auch nicht notwendig. Voraussetzung ist, dass es sich um eine gesunde Schwangerschaft ohne Komplikationen handelt.
Dinge auf die Du achten solltest
Die Schwangerschaft muss gesund, intakt und ohne Risiken sein. Du solltest dich wohl fühlen und es sollte Dir körperlich gut gehen. Wichtig ist, dass Du auf Deinen Körper hörst und seine Signale wahrnimmst und entsprechend reagierst. Lege Pausen ein, wenn Du Dich unwohl fühlst oder unsicher bist ob es zu viel ist. Überlaste Dich nicht und gehe achtsam mit Dir um!
Wichtig ist, dass keinerlei Gewicht auf Deinem Babybauch lastet. Ab einem gewissen Bauchumfang ist es daher ratsam, das Kind auf dem Rücken zu tragen. Achte auch darauf, dass keine Gurte oder Bänder über Deinen Babybauch verlaufen. Setze den "Hüftgurt" soweit nach oben an Deinem Körper, dass er nicht auf dem Babybauch aufliegt, sondern darüber platziert ist. Wähle beim Tragetuch eine Bindeweise, bei der du über dem Bauch knotest oder sogar mit einem "Finish" die Enden über der Brust verknotest.
Das körpernahe Tragen des Kindes in einem gut festgezogenen und angelegten Tuch oder einer Trage ist wesentlich schonender für den Beckenboden und den gesamten Körper. Es ist weniger belastend als das "Schleppen" des Kindes auf dem Arm. Tragen im Tragetuch oder einer Tragehilfe ist die bessere Wahl. Dein Beckenboden wird es Dir danken.
Wenn Du unsicher bist, ob das Tragen auch in der Schwangerschaft für Dich in Frage kommt, spreche mit Deiner Hebamme oder Deinem Frauenarzt darüber.
So kannst Du auch in der Schwangerschaft weiterhin die innigen Tragemomente mit Deinem Kleinkind genießen. Die wichtige Nähe und Geborgenheit beim Getragenwerden ist Deinem Kind weiterhin möglich und endet nicht mit einer erneuten Schwangerschaft.
„Das muss Dein Kind doch schon können!"
Allzeit beliebt und immer wieder gerne als Vorwurf verpackt. Aussagen die verunsichern, verletzen und das Gefühl vermitteln man hätte als Mama versagt oder das Kind "funktioniert" nicht richtig...
Ganz sicher haben viele von Euch schon mindestens eine dieser Aussagen gehört:
"Wie?? Dein Kind greift noch nicht nach Dingen?
"Wie?? Dein Kind kann sich noch nicht drehen?"
"Wie?? Dein Kind krabbelt noch nicht?"
"Wie?? Dein Kind kann noch nicht frei sitzen?
"Wie?? Dein Kind kann noch nicht Mama sagen?"
"Wie?? Dein Kind läuft immer noch nicht?"
"Wie?? Dein Kind ist immer noch nicht trocken?"
Jeweils mit dem Nachsatz: "Das MUSS Dein Kind aber doch schon können!!" Tatsächlich? Nein!
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Jeder Mensch ist individuell. Alle unterscheiden sich vom Aussehen, von der Bewegung, vom Gang, von der Stimmfarbe und von vielen weiteren Merkmalen. Jeder Mensch hat andere Fähigkeiten und Kompetenzen, die sehr individuell und deren Entwicklung auch vom eigenen Tempo, Temperament und auch Vorlieben abhängig sind.
Der eine ist ein leichtfüßiger Tänzer , der auf der Tanzfläche zu schweben scheint; ein anderer hat seine Talente in wunderbarem Gesang; ein weiterer ist in der Lage, hochwissenschaftliche und fachlich fundierte Berichte über Quantenphysik zu verfassen...
....und da Kinder und Babys nun mal auch Menschen sind, ist es bei ihnen genau so! Sie alle wachsen und entwickeln sich sehr individuell und es sollte nie ein Wettkampf werden, welches Kind schon krabbelt, sitzt, spricht oder läuft. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und Temperament und kann dementsprechend einige Dinge früher und andere eben später. Manche Dinge besser und andere eben nicht und einige Dinge vielleicht perfekt oder eben gar nicht oder erst sehr spät. Und das ist auch gut so!
Ein Kind welches früh krabbelt oder läuft, ist motorisch "begabt" und spricht dafür wahrscheinlich eher später. Ein eher sprachlich "begabtes" Kind spricht früher, aber es braucht länger, bis es alleine frei läuft oder sich traut, waghalsig über einen Holzstapel zu balancieren. Nichts davon ist "besser" oder "schlechter" und sollte daher nicht bewertet, belächelt oder verurteilt werden. Es sollte in dem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass es auch Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen gibt, die die kindliche Entwicklung beeinflussen. Darauf wird im Text keine Stellung bezogen, da es zu speziell ist!
Natürlich gibt es einen gewissen Rahmen, in denen die Kinder laut Entwicklungstabellen Dieses oder Jenes können sollen, aber leider haben die Kinder diese Tabellen meist nicht gelesen.
Vergleicht Eure Kinder nicht, denn JEDES Kind ist einzigartig, wundervoll und ein großes Geschenk.
Genießt die Zeit, jede Sekunde, jeden Atemzug und saugt die Momente in Euch auf, wo sie noch an Eurem Herzen im Tuch oder der Trage schlummern. Es wird die Zeit kommen, wo Ihr Euch genau diese innigen, ruhigen Momente zurück wünscht - denn sie sind viel zu schnell vorbei. Viel zu schnell ist sie da, die Zeit wo sie krabbeln, laufen, weglaufen und reden wie ein Wasserfall.
„Wenn Du Dein Kind einmal trägst, will es das immer!"
Diesen Satz hat man sicherlich schon gehört. Dieses mal geht es aber gar nicht darum, dies zu widerlegen sondern wir stellen heute die Frage nach dem WARUM ?!
Ist es wirklich so, dass wenn das Kind einmal getragen wird, wir damit den Grundstein legen, dass das Kind dies nun immer einfordert? Ist es womöglich unsere "Schuld", dass sich das Kind nicht mehr gerne ablegen lassen möchte und viel lieber an unserem Körper getragen wird?
Die Antwort lautet: NEIN
Der Mensch - ein Tragling - kein Liegeling
Der Mensch ist, wenn er geboren wird eine physiologische Frühgeburt. Diesen Begriff prägte der Biologe Adolf Portmann. Es besagt, dass der Mensch viel zu früh und völlig unfertig auf die Welt kommt und es einer Schwangerschaft von 21 Monaten bedürfte, dass der Mensch den Entwicklungsstand hat, den viele höher entwickelte Lebewesen meist schon nach der Geburt haben. Der Mensch wird also 1 Jahr zu früh geboren.
Die Biologie teilt Lebewesen in 3 Kategorien ein:
- Nesthocker
- Nestflüchter
- Tragling
...und wie ihr Euch sicher denken könnt, zählt der Mensch zur Kategorie Traglinge.
Der Mensch ist bei seiner Geburt völlig hilflos und auf Schutz, Körperkontakt und Nähe angewiesen. Als Tragling kann er am Körper des Tragenden außerhalb des Mutterleibes nachreifen und seine Umwelt erleben. Sanft und geborgen. Der Nestflüchter ist direkt ab Geburt in der Lage, sich seiner Mutter anzuschließen und sich mit ihr gemeinsam oder alleine fortzubewegen. Das Baby ist mit all seiner "physiologischen Ausstattung" und seinen Bedürfnissen auf das Getragen-werden ausgelegt. Der Greifreflex als aktive Beteiligung des Kindes beim Getragen-werden. Die Anhock-Spreiz-Haltung als Vorbereitung auf den Hüftsitz und der gerundete Rücken ermöglichen ein ankuscheln an den Körper. Ein weiteres jungentypisches Merkmal des Traglings ist, dass die Muttermilch kurz sättigend ist. Es macht klar, dass es evolutionsbiologisch so vorgesehen ist, dass der Kontakt zwischen Mutter und Kind eng ist und das Kind jederzeit auf Nahrung zurück greifen kann. Bei den Nesthockern ist die Nahrung lange sättigend und sie verhalten sich still, wenn die Eltern nicht greifbar sind. Beim Tragling sieht das anders aus, hier findet ein Kontaktweinen statt, um die Bezugsperson zu sich zu rufen.
Ja aber, WARUM lassen sich Traglinge, in unserem Fall Menschenkinder denn nun meist nicht ablegen?
Kinder sind evolutionär so programmiert, dass sie immer den Schutz der Eltern suchen. Als Tragling sind sie gewohnt, getragen und in Bewegung zu sein. Ein nicht bewegtes, also liegendes Kind hat vor Tausenden Jahren den sicheren Tod bedeutet. Groß war die Gefahr, von wilden Tieren aufgespürt zu werden.... Nur leider wissen diese kleinen Menschenkinder noch nicht, dass sie mittlerweile gut geschützt und behütet, hinter dicken Mauern sind. Also tun sie das, was sie seit Tausenden von Jahren tun, sie rufen nach uns, um sicher zu sein, dass sie nicht alleine sind. Sobald sie hochgenommen werden, setzt die Beruhigung ein, da sie dann dort sind, wo sie hingehören: an den Körper der Eltern - ganz Tragling like.